Den Weinberg rekultivieren
Spiel von Horizontalen und Vertikalen Elementen – ein Gesamtkonzept für den Turmberg
Ziel des Entwurfes ist es, ein schlüssiges Gesamtkonzept für den oberen Turmberg zu erarbeiten, in das sowohl landschaftlich als auch bauliche Objekte integriert werden können.
Der Turm bleibt dabei dominantes vertikales Element auf dem Berggipfel; alle weiteren Bauteile ordnen sich unter und bilden mit ihrer horizontalen Ausrichtung eine eigene Formsprache, die sich in die Höhenschichten des Berges einfügen. Dabei entstehen zwischen horizontalen Trockenmauern Plattformen und Räume unterschiedlicher Atmosphären, Ausblicke und Aufenthaltsqualitäten.
Die klare räumliche Ordnung des Freiraums lenkt die Besucher und inszeniert Blickbeziehungen im Nah- und Fernbereich. Die neue Aussichtsplattform und die darunter in den Berg eingelassene Vinothek greifen diese Horizontalität auf und bilden Teil der Gesamtgestaltung zwischen dem unteren Weinbergrand und dem Bergfried.
Idealerweise wird der Weg zum Turm hinauf mit den bereits bestehenden Treppen und Mauern im Sinne des Gesamtkonzeptes durch weitere Rebenzeilen ergänzt. In diesem Bereich befinden sich viele aufgewachsene Gehölze, die zurückgeschnitten oder entfernt werden müssen, um Bestandsbäume und Bergkuppe wieder freizustellen. Eine wegbegleitende Ergänzung mit Rebzeilen kann die westliche Turmbergkuppe wieder als Gesamtbild erscheinen lassen. In diesem Zusammenhang wäre auch eine eindeutige Gestaltung des Parkplatzes und Remodellierung des Hanges denkbar.
Panoramablick und Weinreben –Aussichtsplattform der Weg zur Vinothek
Das neu gestaltete Ensemble wird von der Bergbahnstrecke und der Reichardtstraße bereits wahrgenommen, die Besucher werden auf die neu gestaltete obere Aussichtsterrasse geleitet.
Die Aussparung in der topographisch konturierten Plattform gliedert diese Platzfläche, gibt ihr einen adäquaten Maßstab und bietet Aussichts- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Die Nutzung für kleine Veranstaltungen wie z.B. dem Turmbergrennen sind auch weiterhin möglich.
Die vorhandene Baumgruppe bleibt bis auf die den Blick zum Turm verstellende nördliche Linde bestehen, schafft angenehme schattige Aufenthaltsmöglichkeit auf dem Platz und wirkt räumlich als vermittelnde Schicht zwischen Plattform und Turm. Sämtliche baulichen Maßnahmen werden von der Bergstation abgerückt; die Rebzeilen des Schauweinbergs werden in dieser Sichtschneise sowie südlich zum Hexenstäffele hin an die Aussichtsterrasse herangeführt.
Eine Aussparung in der Plattform öffnet ein Landschaftsfenster und lässt den Schauweinberg zusätzlich vom Platzniveau erleben. In diesem Bereich führt eine öffentliche Treppenanlage zum Veranstaltungsraum und zum Weinberg hinab und bietet großzügige Sitzmöglichkeiten mit Blick in die Reben. Begleitend erschließt ein Aufzug das untere Niveau barrierefrei. Der Blick von der unteren Terrasse durch die Öffnung der Plattform ist, ebenfalls reizvoll, auf den Turm ausgerichtet.
Den Weinberg genießen – Veranstaltungsraum in prominenter Lage
Bei der Ausgestaltung der Grundrisse wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass es keinen Kreuzungsverkehr zwischen der Anlieferung des Veranstaltungsraumes, der Erschließung der auch öffentlich barrierefrei zugänglichen WC´s und dem Veranstaltungsraum selbst gibt.
Der überdachte Zugang zum Veranstaltungsraum ist für die Besucher durch die Aussparung in der Plattform schon von der oberen Aussichtsterrasse aus visuell wahrnehmbar. Über die auch als Sitztribühne nutzbare Freitreppe gelangen die Gäste auf die untere Terrassenebene.
Von hier aus ist der flexibel möblierbare Veranstaltungraum direkt zugänglich. Großzügig übereck verglast und mit Schiebetüren versehen, öffnet er sich auf seiner ganzen Breite zum Tal hin. Von jedem Sitzplatz aus bestehen vielfältige Blickbeziehungen in die Rheinebene mit Fokus auf Durlach und Karlsruhe. Die Küche liegt in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsraum. Abstellraum, Stuhllager sowie Haustechnikraum befinden sich hangseitig in funktional günstiger Lage zu den jeweils zugeordneten Räumlichkeiten.
Der Aufzug funktioniert auf der unteren Erschließungsebene als Durchlader. Somit ist sowohl die öffentliche barrierefreie Erschließung der unteren Terrassenebene gewährleistet als auch eine bequeme und störungsfreie Anlieferung der Catering-Küche.
Die WC-Anlage ist sowohl intern vom Veranstaltungsraum aus zugänglich als auch extern vom Außenraum für die Öffentlichkeit. Der Erschließungsflur der WC-Anlage ist über eine bündig in den Belag der oberen Terrassenebene eingelassene Glasscheibe natürlich belichtet. Alle WC´s sind ebenfalls natürlich belichtet und belüftet.
Spuren neu interpretieren – Materialitäten reagieren auf Bestand und Historie
Die Materialien orientieren sich an der bestehenden Anlage und beziehen sich gleichzeitig auf die neue Situation am Ort. So ist vorgesehen, dass das Rohbaumaterial der abzubrechenden Bauten recycelt wird und in Form von Stampfbeton in die Außenmauern der Vinothek einfließt. Die strukturierte Oberflächenwirkung dieses Materials verbindet sich mit dem Aspekt der bestehenden Natursteinmauern. Die Wände der in den Hang eingegrabenen Räumlichkeiten sind aus lagenweise in die Schalung eingebrachtem Stampfbeton mit einer innenliegenden Dämmung vorgesehen. Die Spannschlösser der Schalung sind spielerisch und unregelmäßig angeordnet. Die Oberflächen der Stahlbetonwände werden innen wie außen sichtbar belassen.
Sämtliche Brüstungen sind in tranparenter Corten-Stahlkonstruktion aus unregelmäßig angeordneten vertikalen Stäben (in formaler Anlehnung an Reben-Stickel) hergestellt. Der verglaste Aufzug ist auf die gleiche Art und Weise mit einer transparenten Hülle aus senkrecht angeordneten Corten-Stahl-Stäben versehen.
Die Deckenkonstruktion besteht aus einer Stahlbeton-Flachdecke. Der Fußboden des Veranstaltungsraumes ist aus natürlich belassenen Eichendielen mit gesägter Oberfläche vorgesehen.
Im Bereich der WC-Anlage ist für die Fußböden ein sichtbar belassener Industrieestrich geplant.
Tische und Mobiliar des Veranstaltungsraums sind gestalterisch zurückhaltend auf das Wesentliche reduziert und aus natürlich belassenem Eichenholz gefertigt.
Die Abfangung des Weinbergs zur Ausbildung der einzelnen Rebterrassen geschieht traditionell durch Trockenmauern. Diese Mauern gliedern den Weinberg und die Aussichtspunkte. Sitzmauern aus Stampfbeton harmonieren mit der Materialität des Gebäudes, schirmen den Platz zur Straße ab und werden als Mobiliar ebenfalls zwischen den Reben positioniert.
Der Bodenbelag der Aussichtsplattform wird als mit Edelsplitt abgestreute Gußasphaltfläche über den Straßenbereich ausgeweitet. Die fußläufige Anbindung an den Turm wird so optisch gestärkt, die Autofahrer zum langsamen Fahren aufgefordert.
Der Turm als Landmark - reduziertes Beleuchtungskonzept
Das Beleuchtungskonzept integriert die Beleuchtung des Bergfrieds als wichtigstes Element. In der Fernwirkung wird der Turm weiterhin nicht nur tagsüber sondern auch bei Dunkelheit als Landmark wahrgenommen. Die zurückhaltende Architektur des Neubaus sowie der Freiraum werden sparsam und bewusst beleuchtet. Das Lichtkonzept hier ist insgesamt für die notwendige Ausleuchtung und Nahwirkung konzipiert. Addiert wird eine subtile Nachtinszenierung, die sich auf die Beleuchtung ausgewählter Mauerscheiben durch vertikales Streiflicht beschränkt.