Städtebauliche Einbindung
Die Wössinger Straße zeichnet sich durch eine organisch gewachsene offene Straßenrandbebauung aus. Der straßenräumlich wirksame Gebäudebestand ist durch unterschiedlich dimensionierte Kubaturen, Vor- und Rücksprünge und wechselnde Dachausrichtungen charakterisiert. Das Straßenraumprofil ist entsprechend vielgestaltig.
Der Neubau des Rathauses setzt im Ortskern von Wössingen städtebauliche Akzente. Er fügt sich als exponiertes und Identität stiftendes Solitärgebäude selbstbewusst und mit hohem Wiedererkennungswert in den vorgegebenen städtebaulichen Kontext ein. Durch die zurückgesetzte Lage des neuen Rathauses entsteht zur Wössinger Straße hin eine platzartige Straßenraumerweiterung als qualitätvolle neue Ortsmitte für den Ortsteil Wössingen und die Gemeinde Walzbachtal. Der Rathausvorplatz ist großzügig angelegt, von hoher Aufenthaltsqualität und ermöglicht vielfältige öffentliche Nutzungen (z.B. Frühlingsfest, Maibaum stellen, diverse Gemeindeveranstaltungen, Außenbewirtschaftung) und stellt nebenbei Parkplätze für Besucher zur Verfügung. Der Neubau für Einzelhandel und Gastronomie ist mit einer Nutzfläche von 100 qm auf der südlichen Platzfläche optional vorgesehen. Die Erschließung der Nachbargrundstücke Wössinger Straße 12 und 21 ist über das Rathausgrundstück gewährleistet.
Sämtliche Freiflächen im Umfeld des neuen Rathauses werden neu geordnet. Dabei werden die Wegeverbindungen zu den umgebenden öffentlichen Einrichtungen (Kirchen, Friedhof, Veranstaltungshalle) harmonisch eingebunden. Zur Ergänzung der fußläufigen Wegenetze entsteht eine wichtige öffentliche Fußwegebeziehung entlang der nordwestlichen Rathausflucht. Durch bequem ausgebildete Rampen, die in der nordwestlichen Ausbuchtung des Baugrundstücks angeordnet sind, wird die nach Nordosten hin an dieser Stelle um ca. 3,50 m ansteigende Topografie barrierefrei überwunden. Das Prinzip der Straßen- und Parkierungsflächen im Bereich Seilerweg/ Weinbrennerstraße wird beibehalten. Die in Nord-Südrichtung überdimensioniert erscheinenden Straßen- und Parkierungsflächen werden jedoch zu Gunsten der nördlichen Abstandsflächen zum Rathaus entsprechend reduziert.
Innere Organisation
Alle Funktionen und Betriebsabläufe sind baulich sinnfällig strukturiert und übersichtlich angelegt. Alle Räumlichkeiten sind barrierefrei erschlossen. Die Planung orientiert sich an einem Ausbauraster von 1,35 m. Über eine überdachte Vorzone und einen Windfang mit Automatiktüren gelangt man in die zentrale lichtdurchflutete Halle, die über einen Luftraum vom Erdgeschoss bis ins Dachgeschoss durchbindet. Im EG befinden sich an zentraler Stelle das Bürgerbüro mit vorgelagertem Wartebereich und die Sachgebiete mit der gewünschten ebenerdigen Lage. Ebenfalls in attraktiver Lage zum Rathausvorplatz ist die separat über den Platz erschlossene Mietfläche für Dienstleistungen/Gewerbe (z.B. Post, Schreibwaren, kleinflächiger Einzelhandel) vorgesehen, die bei Bedarf in eine dem Rathaus zugehörige Büronutzung umgewandelt werden kann.
Im hinteren Bereich befinden sich, in den bestehenden Hang eingegraben, Technikräume und andere untergeordnete Teile des Raumprogramms. Über die einladende und großzügig dimensionierte Treppe gelangt man ins 1.OG. Hier befinden sich die Räumlichkeiten des Bürgermeisters, das Trauzimmer, der auch separat erschlossene Sitzungssaalbereich und Büros für weitere Sachgebiete. Die Büros der Mitarbeiter der verschiedenen Sachgebiete sind, wie gewünscht, jeweils auf der gleichen Geschossebene untergebracht. Der auf der Nordwestseite gelegene externe Eingang zum separat nutzbaren und mit einer großzügigen Raumhöhe ausgestatteten Saalbereich mit Foyer und Garderobe befindet sich auf dem oberen Niveau der an das Rathaus angrenzenden Außenanlagen. Der Eingangsbereich zum Saal wird durch ein darüber befindlichen Luftraum mit Oberlicht natürlich belichtet.
Dem Saalfoyer ist nach Nordosten hin ein eigener, ebenerdig zugänglicher Pausenhof zugeordnet. Im 2. Obergeschoss befinden sich die Büros für weitere Sachgebiete und die Bauabteilung. Auch diese Geschossebene ist intern über eine im Bereich des Atriums angeordnete bequeme Treppe erschlossen.
Konstruktion, Material
Das neue Rathausgebäude wird wirtschaftlich in konventioneller Massivbauweise mit Flachdecken (Bereich Sitzungssaal mit Unterzügen) aus Stahlbeton erstellt. Die hinterlüftete Fassadenkonstruktion wird geprägt durch vorspringende, im Bereich der Geschossdecken angeordnete und horizontal umlaufende Bänder. Im Bereich der geschosshohen Verglasungen sind aus der Fassadenflucht heraustretende Vertikal-Lamellen im Abstand von 1,35 m (Bürorastermaß) aus Faserbeton angeordnet. Die geschlossenen Wandfelder sind mit profilierten und hinterlüfteten Platten, ebenfalls aus Faserbeton, bekleidet. Die Fensterelemente sind als Holz-Alu-Konstruktion mit einer 3-fach-Isolierverglasung konzipiert. Außenjalousien sind als temporärer Sonnenschutz unsichtbar in die Fassade integriert.
Wirtschaftlichkeit, Energiekonzept
Für den Neubau des Rathauses ist der Passivhausstandard (PHPP) vorgesehen. Die eingesetzte Anlagentechnik ist äußerst energieeffizient und mit geringen Wartungskosten zu betreiben. Die Investitionskosten bleiben überschaubar. Die Vorgaben zum Energiestandard lassen sich u.a.durch die kompakte Ausbildung des Baukörpers und hoch wärmegedämmte Wände und Dächer realisieren.
Heizung + Trinkwassererwärmung: Die Wärmeerzeugung für das Gebäude erfolgt mit einem Brennwert-Gaskessel und einer solarthermischen Anlage mit 36 qm Fläche. Durch die solarthermische Anlage werden 55% des Trinkwasserbedarfs und 14 % des Heizwärmebedarfs gedeckt. Die Heizwärme wird zu weiten Teilen über die raumlufttechnische Anlage in das Gebäude eingebracht. In den Eingangsbereichen werden zusätzlich Heizflächen integriert.
Lüftung / Kühlung: Es kommt eine kombinierte Zu- und Abluftanlage mit Rotationswärmetauscher (80% Temperatur-Wirkungsgrad) zum Einsatz. Die Anlage wird unter Ausnutzung der vorhandenen Speichermasse zur sommerlichen Nachtauskühlung verwendet. Die Außenluft wird über einen Erdwärmetauscher angesaugt. Die Zuluft wird in die Büros und die Hauptnutzungsbereiche eingebracht. Zur Errichtung einer zentralen Luftführung werden die an das Atrium angrenzenden Räume mit Lüftungsklappen ausgestattet, über die die Nachströmung erfolgt. Vom Atrium aus wird die Abluft über das Dach geführt. Durch die entstehende Zirkulation der Frischluft findet ein Feuchtigkeitsaustausch statt, der einer Schimmelbildung entgegenwirkt.
Beleuchtung: Um die gewünscht niedrigen Beleuchtungskosten erreichen zu können, soll ausschließlich LED-Technik zum Einsatz gebracht werden. Bedien- und Nutzungskonzept: Das gesamte Gebäude wird über EIB/KNX-Bustechnik bedienbar gemacht. Hierdurch können die gebäudetechnischen Anlagen (Elektro, Heizung, Lüftung) miteinander verknüpft werden. Der Energiebedarf einzelner Nutzungsbereiche (Sitzungssaal, Trauzimmer) kann bei Nichtnutzung entsprechend abgesenkt werden. Die Beleuchtung wird entsprechend zentral geschaltet. Durch das einfache Konzept der Wärmeerzeugung sind die Bedien- und Wartungskosten als gering anzusehen.